BOHEMIA – Eyes wide open

Česky Ráj

Bohemian Paradise – Česky Ráj nennt sich das Land knapp hinter der Grenze, es liegt touristisch im Windschatten, und ist doch so schön, dass man weinen mag. Eine Burg hinter jeder Ecke, es gibt Kurven ohne Ende, auch Berge (unser Österreicher sagt „hoher Hügel“), hurzelige Dörfer, Höhlen zum Reinfahren und Bier in genauen Temperaturangaben.

Distance: 1600 km
Ride the Tour: with RISER App
Fotos: Cäthe Pfläging

Zlatý vrch, der Goldberg

In der Gegend um Česká Kamenice erlauben wir uns einen kurzen Ausreißer, um mitten im Wald einen gewaltigen Basaltberg anzusehen. Lange sechseckige Pfeiler stapeln sich dort zu einer gigantischen Formation, in der sich lange Wellen und grafische Bruchstellen abwechseln. Drei Grafikern kommen die Tränen. Der Pfadfinder entdeckt im Gras seltsame Steinkreise, aufgestapelte Brocken, gebundene Stöckchen und unsere Phantasie läuft amok. Wir vermuten wilde Hexenpartys zur Walpurgisnacht.

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Pekelné Doly, die Motorradhöhle

Wir fahren in die Dämmerung hinein, straight auf das nächste Highlight zu. In der Nähe von Novy Bor gibt es eine Höhle, ein Bikertreff. Ziel des Abends: ein Bier heben mit den stiernackigen, säbelschwingenden, feuerspuckenden, Hörnerhelm tragenden Boys. Fun Fact: man kann mit dem Bike durch die Höhle bis an die Theke fahren. Dieses Video https://youtu.be/2DCB14yhcI8 hatte uns den Mund wässerig gemacht. Aber unsere Traumvorstellung bekam eine Delle, denn wir standen mitten im finsteren Wald vor verschlossenen Türen, weil Nachsaison. Kein Ding, alles verziehen beim Abendessen in der Glasmanufaktur Ajeto von Novy Bor. Es gab Fleisch mit Fleisch und Bier in genauen Kältegraden: 8°, 10°, 11°. Die Deutschen sind Bierfans, Tschechen sind NERDS. Äußerst sympathisch.

Jested und das Kind vom Mars

Nachdem wir bei netten Menschen aufgewacht sind, fahren wir unter gelbem Blätterregen auf Ministraßen durch hutzelige Dörfer und weinen still in unsere Visiere, weil es so schön ist. Bei Slope hat man ein paar Bauernhäuser auf ein absurd kleines Steinplateau gequetscht. Wie ein Backenzahn steht es auf der Wiese.

Wir fahren auf einen echten Berg, hoch zum Jested Restaurant, eine ehemalige Funkstation und ein absurd geiles UFO der Architekturgeschichte. Genau wie die Skulptur ‚Das Kind vom Mars‘ reiben wir uns hier die Augen über die krasse Aussicht und lassen uns dann wieder runterrollen.

Motörest

Wir fahren auf Straßen, die vielleicht 4m breit sind, pendeln kleine Pässe hoch und runter, freuen uns über die dichten Wälder und süßen Dörfer. Hin und wieder kommen wir an einem hübschen sozialistischen Wohnblock oder Industrieanlagen vorbei, aber schnell blockiert schon wieder eine Burg auf einem Felsen die Sicht. Das Traumziel war  Knödelessen im Motörest mit Classic-Metal Beschallung, aber das fiel leider aus, wegen Geschlossenheit. Aber im Prinzip kann man an jeder Ecke Knödel essen und so haben wir unsere knurrenden Mägen noch bis auf die Schneekoppe bewegt und dort zu sehr guter Aussicht Knödel mit Fleisch und Fleisch  gegessen – bis ins Fresskoma.

Wie wir von dort aus über Bad Wurzelsdorf, Weißbach, Haindorf, Friedland, an Bullendorf vorbei, die Grenze, durch das polnische Flachland und über Görlitz und mitten in der Nacht durch irgendwelche Umleitungen bei Chemnitz, wieder im sandigen Berlin gelandet sind, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir zählen 800 km in zwei Tagen, anstrengend war es schon, aber wir haben ein herbstgoldenes Nachglühen auf der Netzhaut.

Unser Fazit: Das Böhmische Paradis ist etwas ungeeignet für Veggis und Veganer, aber sehr geeignet für ein erweitertes Wochenende. Das Scout-Team vergibt 💖💖💖 3/3 Herzen für unsere Nachbarn in Nord-Ost Tschechien und verspricht eine weitere Tour!

Wer die Strecke nachfahren möchte, wir haben sie mit der RISER App aufgezeichnet: